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Ratlose Berater

Wer nichts wird, wird Wirt, hiess es früher. Heute ist es anders: Wer keinen Rat mehr weiss, wird Berater. So lässt sich aus der Not eine Tugend machen. Und Rat ist teuer, ob er gut ist oder nicht. Fast täglich machen sich Leute als Berater selbständig. Jüngstes Beispiel die alt Bundesrätin und Juristin Ruth Metzler, die Ende 2003 in der Landesregierung Platz für Christoph Blocher machen musste und sich seither in der Kommunikationsabteilung von Novartis tummelte. Letztes Jahr war sie auch als neue SRG-Generaldirektorin im Gerede. Daraus wurde nichts. Als Bundesrätin liess sich Metzler – wie alle andern Landesmütter und Landesväter – gerne und intensiv von Externen beraten. Jetzt plötzlich hat sie keinen Rat mehr nötig, im Gegenteil: Jetzt will die 46-Jährige andere beraten.

Es gibt also zwei Sorten von Menschen. Manche beraten, andere lassen sich beraten. Aber die Rollen können wechseln. Ehemalige Berater leiten mittlerweile einen Konzern, während ehemalige Manager heute Berater sind. Die ersten, die Konzernleiter, lassen sich nun von ehemaligen Beraterkollegen beraten, während die zweiten, die Berater, die Unternehmen ihrer ehemaligen Managerkollegen beraten. Ob damit alle gut beraten sind? Wie wäre es, wenn jeder sich selber beraten würde? Dann wäre guter Rat nicht so teuer. Aber eben: Es ist immer leichter, andern Ratschläge zu geben, statt solche selber zu befolgen.

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Wir sind bärenstark im Bundesrat!

Bern hat gleich zwei gute Gründe zum Feiern: Beide neuen Bundesräte kommen aus dem Bärenkanton. Und das ist gut so. Nicht für die Bären, sondern für die Politik. Mit Simonetta Sommaruga (SP) und Johann Schneider-Ammann (FDP) haben sich die National- und Ständeräte für die relative Mitte entschieden, für diejenigen Kandidaten, die eher ein offenes Ohr für Andersdenkende haben, kompromissfähig sind und nötigenfalls über den eigenen Schatten springen können. Mit der Wahl dürfte auch klar sein, dass Bundesrat Schneider neuer Finanzminister wird. Und Bundesrätin Sommaruga wird wohl als Chefin des Departementes für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation das Erbe von Moritz Leuenberger antreten – ausser es käme zu einer Rochade mit dem Volkswirtschaftsdepartement von Doris Leuthard.

PS: Den Doppelnamen Schneider-Ammann darf der neue Bundesrat nun getrost fallenlassen. Dass er seinem eigenen Namen denjenigen seiner Frau (und des Unternehmens) beigestellt hat, war vor allem ein „Werbespruch“ für die Firma, wie er selber öfters sagte. Nun wird er sich finanziell und operativ vom Familienunternehmen trennen müssen.

Da greift sich der Headhunter an den Kopf

Fast geht in all dem Rummel um die Wahlen in die Landesregierung vergessen, dass ein Bundesrat oder eine Bundesrätin vor allem eins ist: eine Führungskraft. Immerhin arbeiten in jedem Departement x tausend Leute, und das Budget bewegt sich in Milliardenhöhe. Gefragt sind Visionen und Strategien sowie deren Umsetzung. Die Aufgabe ist mit einem Job im Top-Management eines grösseren Unternehmens vergleichbar. Seltsam, dass bei der Ausmarchung ganz andere „Qualitäten“ eine ausschlaggebende Rolle spielen: Herkunft (Kanton), Geschlecht und politische Couleur. Da greift sich der Headhunter an den Kopf.

In die gleiche Kategorie gehören die Ränkespiele um die amtierende Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf. Kaum jemand bestreitet, dass sie einen guten Job macht – auch wenn sie etwas farblos wirken mag. Auch in der Bevölkerung geniesst sie von links bis rechts ein hohes Ansehen. Wer kann so dumm sein, jemanden wie sie abzuwählen – nur weil sie keiner der „richtigen“ Parteien angehört? Das wäre ja so, als ob man einen guten Manager absetzen würde, nur weil einem dessen Nase nicht gefällt. Da greift sich der Headhunter gleich nochmals an den Kopf.

Aus dem Schneider…

…wird wohl ein Bundesrat. Die Zeichen stehen jedenfalls gut: Johann Schneider, geboren am 18. Februar 1952 in Sumiswald (BE), dürfte die Wahl in den Bundesrat schaffen. Den Zweitnamen Ammann könnte der Maschinenindustrielle dann theoretisch fallen lassen: Er trägt ihn als Markenzeichen, seit er in die Langenthaler Unternehmerfamilie Ammann eingeheiratet und in der Ammann-Gruppe die Führung übernommen hat.

So oder so: Schneider wird sich problemlos ins Regierungsgremium einfügen, wenn er denn in seinem Unternehmen loslassen kann. Er pflegt seit langem gute Beziehungen zum Wirtschaftsverband Economiesuisse, wo er im Vorstandsausschuss sitzt, und auch zum Bundesrat. Insbesondere mit Wirtschaftsministerin Doris Leuthard versteht er sich gut. Für ihre Freihandelspolitik fand er immer wieder lobende Worte. Auf diversen Missionen im Ausland – etwa in Indien (Bild) – harmonierten die beiden ausgezeichnet. Und einige Parteifreunde sehen Johann Schneider bereits als künftigen Wirtschaftsminister.

Junge Feigenblätter bedrohen die Armee

Da regen sich Politiker und Bürger auf, dass die Berater von Boston Consulting dem armen VBS-Chef Ueli Maurer für einen Einsatz von zwei Monaten sage und schreibe 1,3 Millionen Franken abknöpfen. Dabei ist dies der übliche Tarif, zu dem jeder grosse Schweizer Konzern jahrein jahraus Unternehmensberater wie McKinsey, Deloitte, PricewaterhouseCoopers oder eben Boston Consulting im Haus hat. Und oft als Feigenblatt benutzt, um die eigene Feigheit zu kaschieren. Aber oft geht vergessen, dass so ein Team aus jungen, unbelasteten, motivierten (weil karrieregeilen) HSG-Absolventen besteht, die vor nichts zurückschrecken. Sie kennen keine Berührungsängste, wenn es ums Sparen geht – denn dafür werden sie bezahlt.

Also lassen wir die Jungs doch mal werkeln. Wer weiss, vielleicht kommen sie zum Schluss, dass die beste Sparübung die Abschaffung der Armee wäre. Dann wären die 1,3 Millionen Franken weiss Gott ein Klacks! Und politisch müsste niemand die Verantwortung übernehmen – die Berater habens ja empfohlen.